Philipp, 6 Monate

Es war der 15.Juni 2004: Mama Manuela hatte zu viel Fruchtwasser, und wurde von Ihrem Gynäkologen ins Krankenhaus geschickt, welches Sie sich zur Entbindung ausgesucht hatte. Am nächsten Tag wurde die Geburt auf "sanfte Art" eingeleitet! Wehengel wurde auf dem Muttermund verteilt. Drei Tage lang. Mal waren die Wehen stärker dann wieder schwächer, der Muttermund hat sich keinen Zentimeter geöffnet. Es war eine Tortur für Mutter und Kind. Dann in der Nacht zu 19.Juni endlich, ging es los. Morgens um 4 Uhr kam Philipp zur Welt. Keinen Laut hat er von sich gegeben. Nach dem Baden wurde ein Sauerstoffmangel im Blut gemessen, obwohl er rosig aussah. Die Hebamme mit Papa Marco haben ihn beatmen müssen und von der Baby-Intensivstation einen Inkubator angefordert. Dorthin wurde der kleine Kerl dann auch gebracht. Es folgten Tage des Bangens und Wartens. "Das Baby ist durch die lange Einleitung der Geburt stark gestresst", hieß es. "Es hat eine Infektion und es atmet nicht selbständig! Aber das ist bei vielen Neugeborenen so". Philipp wurde untersucht und untersucht. Alles, aber auch alles wurde versucht, um heraus zu finden, was er denn haben könnte. Das ging 3 Wochen so. Wir und die ganze Familie waren der Verzweiflung nahe. Was ging da vor? Was ist mit unserem Kind? Dann die niederschmetternde Diagnose der Ärzte: Er hat ein kongenitales zentrales Hypoventilationssyndrom, er wird im Schlaf nie al1eine atmen können, er ist ein Undinekind! Was war ein Hypoventilationssyndrom, und wie müssen wir damit umgehen??? Was bedeutet das für unser Baby und auf was müssen wir uns einstellen? Fragen über Fragen, Verzweiflung und große Traurigkeit machte sich breit.

Aber der Ärztestab in den Städtischen Kliniken Fulda, und besonders in der Kinderklinik, haben uns sehr geholfen und viel Verständnis und Kompetenz gezeigt. Für die war diese Krankheit auch absolutes Neuland. Trotzdem waren sie sehr engagiert und suchten nach Informationen. Diese bekamen sie bei verschiedenen Fachärzten aus ganz Deutschland, und erarbeiteten mit Ihnen gemeinsam die verschiedensten Behandlungsmethoden und -therapien.

Die Familie hat sich mit der Undine-Selbsthilfegruppe kurzgeschlossen und von da viele Informationen und Tipps, über Kliniken und Ärzte sowie unterschiedliche Beatmungsformen bekommen. Diese Infos wurden mit den Ärzten besprochen und zum Teil verwendet für die Behandlung. Am Anfang wurde Philipp mit dem Positivdruck CPAP, mit Spezialtubus beatmet und sondiert, da das Trinken mit der Flasche nicht klappte. Es wurde eine sogenannte "eiserne Lunge" probiert. Funktionierte nicht. Dann eine Maske, aber das ging überhaupt nicht. Dann stellten die Ärzte die Frage, nach einem" Tracheostoma". Ein Luftröhrenschnitt musste da gemacht werden. Es wird eine Kanüle eingesetzt, und darüber wird das Kind beatmet. Die Entscheidung, da zuzustimmen, fiel den uns sehr schwer. Können wir das unserem Kind zumuten und vor allem, wird ihm das helfen? Die Vor- und Nachteile wurden besprochen und diskutiert. Inzwischen ging es Philipp gar nicht gut. Er wehrte sich gegen die Schläuche in der Nase und versuchte Diese raus zu ziehen. Seine Werte verschlechterten sich ebenfalls. Wir stimmten schließlich zu, diesen Schritt einzuleiten.

Von diesem Tag an, als die Kanüle gesetzt war, ging es Philipp merklich besser. Er fühlte sich wohler als die ganzen letzten Wochen. Sein Verhalten war auffällig positiv. Auch verweigerte er die Flasche nicht mehr. Es wurde von Tag zu Tag besser. Bald konnte auch die Magensonde gezogen werden. Es wurden verschieden Beatmungsgeräte ausprobiert und die Krankenkasse (BKK Villingen/ Schwenningen) hat auch ziemlich zügig, nachdem unsere Ärzte und die Fa. Börgel da kräftig Einfluss genommen haben, alle Genehmigungen erteilt. Es wurde auch, nach einigem Suchen, in der Nähe ein Beatmungspflegedienst gefunden, der bereits gute Erfahrungen in der Beatmungspflege gemacht hatte und schon über viele Fachkenntnisse verfügte, besonders im Bereich der Bedienung der Geräte. Mit unseren guten Ärzten im Klinikum, wurden Schulungen für die Mitarbeiter des Pflegdienstes organisiert und für Philipp noch neues Personal eingestellt.

Es haben sich sogar von unserer Intensivstation zwei Schwestern gemeldet, die noch nebenbei Nachtpflege bei Philipp zu Hause übernehmen. Es wurden 12 Nachtstunden und 3 Stunden am Tag, ohne Einwände, von der Krankenkasse freigegeben.

Nun konnte, nach 4 Monaten, unser Baby endlich nach Hause entlassen werden. Es gab ein großes Fest und Philipp hat alles wunderbar überstanden. Die erste Autofahrt mit seinen Eltern, im Geleitzug der Pflegedienst, falls unterwegs etwas Unvorhergesehenes passiert. Es ging alles gut. Die Geräte funktionierten einwandfrei und Mama und Papa kamen mit der Einstellung auch ganz gut zurecht. Wir haben ja auch unter Anleitung im Krankenhaus jeden Tag fleißig geübt.

Alles in allem läuft es sehr gut, auch zu Hause. Die Ausfahrten im Kinderwagen sind zwar etwas mühsam, aber zu bewältigen. An Bord dabei sind immer Pulsoxymeter, Notfalltasche mit Ersatzkanüle und Spreitzer, Beatmungsbeutel, Beatmungsgerät und ganz wichtig: Sauerstoff. Vor allem bei Besuchen außer Haus ist es ganz wichtig Sauerstoff mitzuführen, da die Trockenbeatmung problematisch ist und man sehr schnell in brenzlige Situationen kommen kann. Alles in Allem wiegt der Kinderwagen zusammen mit Kind rund 52 Kilo. Bleibt nur nebenbei zu erwähnen, dass der Kinderwagen von Papa Marco umgebaut werden musste, um alles unterzubringen. Philipp ist ein außergewöhnlich zufriedenes und freundliches Baby. Er lächelt die Leute, die ihn bestaunen immer freundlich an. Er lässt alles mit einer Engelsgeduld über sich ergehen. Kanüle wechseln sowie das häufige Absaugen oder sonstige Untersuchungen. Er ist jetzt 6 Monate alt und isst schon Brei mit dem Löffel. Die Kinderärzte staunen, wie er sich trotz seiner Krankheit so gut entwickelt hat. Auch sonst ist er in einer körperlich sehr guten Verfassung. Die ersten Zähne melden sich bereits und bringen die üblichen Probleme mit sich. Aber er steckt das alles ganz gut weg. Wir werden von der Fa. Börgel aus Limburg betreut, der wir sehr viel Lob aussprechen möchten. Sie kümmerte sich um die Bereitstellung unserer Geräte, die wir zuhause benötigen, um das ganze Zubehör, und das sehr zuverlässig und ohne dass wir uns um irgendetwas Gedanken machen mussten. Die Mitarbeiter dort besitzen sehr viel Kompetenz in Sachen Beatmung und stehen uns zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung. Unser Beatmungsgerät von der US-Firma Pulmonetic-Systems trägt die Bezeichnung L TV 950, ist nicht größer als ein Laptop, besitzt einen internen Akku der ca. 90 min hält und Einen für ca. 4 Std., und das alles in doppelter Ausführung. Allerdings wiegt der große Akku auch 12 Kilo! Aber dank der Fa. Börgel werden wir ab dem nächsten Jahr den Neuesten bekommen, ein viertel so groß und ein viertel so schwer. Diese Firma besitzt stets Kenntnis über den neuesten Stand der Technik, die Mitarbeiter reisen viel, um immer mehr Informationen zum Thema Undine zu sammeln. Abschließend kann man sagen, dass der Entschluss Philipp tracheostomieren zu lassen der einzig Richtige war. Sicher, der Gedanke allein seinem Kind die Luftröhre öffnen zu lassen bereitet einem lange, schlaflose Nächte. Doch über Eines sollte man sich im Klaren sein, es ist definitiv die einzig richtige Entscheidung, wenn man sein Kind am Sichersten und mit möglichst wenig Sauerstoffmangel beatmen möchte. Die anderen Beatmungsarten kommen erst mit steigendem Alter und dem entsprechenden Bewusstsein des Kindes in Frage, aber keinesfalls bei einem Säugling. Wir wissen dies jetzt, und haben viel zu viel Zeit im Krankenhaus verbracht um andere Methoden der Beatmung auszuprobieren. Grundsätzlich ist die Handhabung der Tracheostomie relativ einfach und stressfreier für Eltern und Kind.

Wir sind soweit zufrieden mit der ganzen Situation und wünschen uns, das es keine großen Probleme geben wird. Und wenn doch, dass wir sie, wie alles bisher, gemeinsam bewältigen werden.