Herzgeschichten

  • G. ist 15 Jahre alt und ist der Gen-Typ 20/26.G. hatte mit 9 Monate den ersten Krampfanfall beim Ziehen des Darmrohres nach der Hirschsprung-OP (ersten 10 Monate Krankenhaus). Zuhause regelmäßig Anfälle 7-9x pro Jahr in der ersten Zeit; hier meist aus dem Schlaf heraus. Man konnte vor dem Anfall schon sehen, dass der Puls immer weiter sank, dann aufwachen und Krampfanfall.
    Später dann Krampfanfall bei innerlichen Schmerzen – Verstopfung, Bauchschmerzen, überwiegend Kopfschmerzen. Dabei Überstrecken, kaltschweißig, Augen verdrehen nach oben, steifer Körper, grau-blaßes Hautklorit.
    Mit 8 Jahren war Langzeit-EKG gerade dran, als so eine Episode auftrat: 2 Pausen: 4 Sekunden und 9 Sekunden. Kardiologin vermutete aber Pause durch Hypoventilation und empfahl den Zwerchfellschrittmacher.
    Mit 15 Jahren (die Anfälle beschränkten sich nun auf 1-3x im Jahr) im Schlaflabor dann ein Anfall: 14 Sekunden Pause. Diese neue Klinik setzte Schrittmacher ein unter dem Brustkorb.
    Es gab in vergangenen EKGs über all die Jahre immer wieder grenzwertig verlängerte Qt-Zeiten, die seitens der Ärzte nicht Ernst genommen wurden. (auch verlängerte Qt-Zeiten lösen Anfälle aus)
    Blutzucker konnte als Auslöser der Anfälle schon im Kleinkindalter sicher ausgeschlossen werden (Messung kurz vor Anfall).
  • E. ist 8 Jahre alt und ist der Gen-Typ 20/25.
    E. hatte mit 2 Jahren 1 Episode.
    Es wurde jedes Jahr ein 72 Stunden-EKG gemacht. Mit 4 Jahren wurde ein Event-Recorder eingesetzt. E. ist bewusstlos zusammengebrochen; beim Auslesen des Event-Recorders wurde dann eine 7,9 Sekunden Pause entdeckt. Es wurde ein Herzschrittmacher unter dem Brustkorb eingesetzt (mit 5 Jahren).
    E. wirkte verträumt in den auftretenden Episoden oder ist beim Spielen nur kurz hingefallen ohne erkennbaren Grund – dieses könnte schon ein Hinweis auf Herzpausen gewesen sein. E. hat von den Episoden nichts mitbekommen.
  • Anonym ist 28 Jahre alt und ist der Gen-Typ 20/27.
    Anonym hat mittlerweile den 2. Schrittmacher (eingesetzt unter dem Schlüsselbein). Den ersten Schrittmacher hat A. mit 14 Jahren erhalten. Vor der OP wurde eine Katheter-Untersuchung durchgeführt und Stellen verödet, da unabhängig von Bradykardien seit einigen Jahren wiederholt in unregelmäßigen Abständen von mehreren Monaten Ereignisse mit Herzrasen (Puls von 180 und mehr) auftraten. In den erfolgten EKGs wurden dann zudem Pausen von 2,8/2,9 Sekunden aufgezeichnet.
    Ein eingesetzter Event-Recorder zeichnete nach 3 Monaten eine Pause von über 3 Sekunden auf. Daraufhin wurde der Herzschrittmacher eingesetzt.
  • J. ist 23 Jahre alt und Gen-Typ 20/27.
    J.‘s Herzschrittmacher wurde am Schlüsselbein eingesetzt. Er hatte 3 Sekunden Pausen gehabt und einen großen Zusammenbruch mit Ohnmacht. Bei den Episoden hat er den Puls im Hals gespürt.
    Die Vermutung von Problemen mit dem Blutzucker als Auslöser wurden nicht bestätigt.
  • L. ist 14 Jahre alt und Gen-Typ 20/27.
    L. hat nachgewiesene Herzpausen von 4-5 Sekunden seit ca. 3 Jahren. Da L. einen Pacer (Zwerchfellschrittmacher) hat, wird der Kreislauf hierdurch stabilisiert – die Atmung während der Herzpausen also aufgefangen. L. ist auch in der Schule am Pacer. Ein Herzschrittmacher wurde durch die Stabilisierung durch den Pacer bisher noch nicht als dringend erachtet.
  • A. ist 18 Jahre alt.
    A. hat mit 3 Jahren einen Herzschrittmacher bekommen, nachdem beim MRT (in der Röhre) eine Auffälligkeit eingetreten ist. 2014 erfolgte der 1. Batteriewechsel.

Herztätigkeit

Hier ist eine unvollständige, stark vereinfachte Erklärung der Herztätigkeit zum besseren Verständnis mit freundlicher Unterstützung von Alexander Reuter:

Das Herz besteht aus sehr viel Muskelgewebe, welches die Arbeit leistet, um Blut durch den Körper zu befördern. Diese Muskeln kontrahieren in einem definierten Muster, um das Blut zu bewegen. Und auf dieses Muster (= Rhythmus) kommt es an.

Die Muskeln machen von sich aus erst einmal gar nichts. Damit ein Muskel sich anspannen oder entspannen kann, woraus dann mechanische Arbeit wird, braucht es Nervenzellen, welche mittels elektrischer Impulse den Muskel anregen etwas zu tun, sprich sich anzuspannen.
Diese Impulse lassen sich mit einem Messgerät sehr gut erfassen und mit Bezug auf den zeitlichen Ablauf darstellen: EKG.
Der Herzschlag eines gesunden Menschen ist hier abgebildet.

Der Herzschlag beginnt mit einer sogenannten P-Welle. Das ist ein kleiner elektrischer Impuls, welcher in einem kleinen Bereich des Herzens (Sinusknoten) erzeugt wird. Der Sinusknoten ist eine Ansammlung  von Nervenzellen, welche als „Taktgeber“ fungieren. Der Sinusknoten gibt also den Takt (Pulsfrequenz) vor, mit welcher das Herz gerade schlagen soll.

Dieser kleine Impuls wird dann über verschiedene Nervenbahnen zu den einzelnen Teilen des Herzmuskels geleitet und soll so den Muskel dazu bringen, in genau der richtigen Reihenfolge, welche für den Bluttransport notwendig ist, sich anzuspannen und wieder zu entspannen.

Daraus resultieren weitere elektrische Impulse im EKg. Jeder dieser Impulse hat einen Buchstaben zugeteilt bekommen. Es fängt mit der P-Welle an (dem Taktsignal; das Herz spannt sich an, was elektrischt die Q, R, S Zacken im EKG ergibt); das Blut wird dabei von den Vorhöfen durch die Herzkammern in die Hauptaterie gedrückt. Am Ende dieses Vorganges entspannt sich der Herzmuskel wieder um sich auf den nächsten Herzschlag vorzubereiten. Im EKG sieht am während dieser Zeit die sogenannte T-Welle.

Sinuspausen bedeuten, dass sich der Sinusknoten etwas Zeit lässt, bis er nach einem Herzschlag eine neue P-Welle erzeugt, also den Impuls gibt, welcher einen neuen Herzschlag auslöst. In diesen Sekunden steht das Herz also still.
Ein Herzschrittmacher  schaut, ob eine P-Welle kommt und selbst eine erzeugt, sollte der Sinusknoten sich zu lange Zeit damit lassen. Das alles findet am Anfang eines Herzschlages statt bzw. löst einen Herzschlag überhaupt erst aus.

QT-Zeit:
Dieses ist die Zeit in welcher der Herzmuskel angespannt ist und so das Blut aus dem Herzen in die Aorta drückt. Normalerweise ist diese beim Menschen etwa 0,35 bis 0,46 Sekjunden lang. Diese Zeit braucht das Blut, um durch den Muskeldruck des Herzens aus den Herzkammern in die Arterien zu fließen.
Die T-Welle im EKG (ganz am Ende eines Herzschlages) entsteht durch die elektrochemischen Vorgänge des Muskels, wenn sich dieser entspannt.
In der Zeit während der T-Welle, also am Ende des Herzschlages wenn sich der Muskel wieder entspannen will, gibt es noch einen weitern wichtigen Zeitabschnitt: die sogenannte vulnerable Phase. In dieser Zeit sind die Muskelzellen aufgrund der Elektrochemie der Zellen sehr empfindlich dafür, durch einen sehr kleinen elektrischen Impuls (viel kleiner als der von der P-Welle) sich erneut anzuspannen.
Bisher hat sich die Muskelanspannung ja für alle Zellen im Herz schön durch den Impuls der P-Welle ergeben. Alle Zellen machen schön im Gleichtakt der P-Welle, was sie sollen.
Jetzt kann es aber während der vulnerablen Phase passieren, dass ein kleiner elektrischern Störimpuls daüf sorgt, dass sich viele Zellen sofort wieder anspannen, ohne dass dies von einer P-Welle ausgelöst wurde. Diese Anspannung selbst erzeugt auch wieder elektrische Impulse, welche andere Zellen zum Anspannen veranlassen. Das Herz kommt aus dem Rhythmus. Die elektrischen Impulse entstehen chaotisch und alles kommt durcheinander. Man spricht dann von sogenannter kreisender Erregung oder Kammerflimmern.
In diesem Zustand wabert der Herzmuskel nur noch und kann kein Blut mehr pumpen. Der Kreislauf kommt zum erliegen und dan einer gewissen Zeit tritt der Tod ein.
Dieses Risiko gibt es bei jedem Menschen. Die vulnerable Phase ist biologisch notwendig, damit die Zellen so funktionieren wie sie sollen.
Nun ist es zum Glück so, dass man selten einen ungewollten Stromimpuls abbekommt, daher fallen die Menschen auch nicht reihenweise um. Aber es kommt vor: Stromschlag z.B. oder durch einen mechanischen Schlag. Muskeln erzeugen elektrische Impulse wenn sie von außen bewegt werden. Trifft nun z.B. ein Faustschlag auf den Brustkorb eines Menschen genau in der vulnerablen Phase, so kann der elektrische Impuls von den Brust-, Zwischenrippenmuskulatur ein Kammerflimmern auslösen.
Aber auch der Körper selber kann dafür sorgen, dass so etwas eintritt durch sogenannte Extrasystolen (ungeplante Herzschläge, welche im falschen Augenblick kommen). Das alles gehört zum allgemeinen Lebensrisiko und betrifft jeden von uns. Davor muss man nun aber keine Angst haben, da die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist.
Wenn man die vulnerable Phase verstanden hat, kann man auch verstehen, warum ein Mensch mit verlängerter QT-Zeit ein erhöhtes Risiko hat, Probleme zu bekommen: Die Wahrscheinlichkeit steigt, je länger die QT-Zeit dauert, dass die P-Welle des nächsten Herzschlages genau in die vulnerablen Phase des vorausgegangen Herzschlages „schießt“. Sprich: der neue Herzschlag kommt einfach zu früh und so wird das Herz in einen gefährlichen Rhythmus befördert, aus welchem es von alleine nicht wieder heraus kommen kann.

Der Herzschrittmacher kontrolliert den Herzrhythmus besser.
Es gibt die Möglichkeit, mit Betablockern zu verhindern, dass das Herz zu schnell schlagen kann.
Wenn die QT-Zeit gefährich lange dauern sollte, gibt es noch die Möglichkeit, einen Defibrillator einzusetzen. Dieser würde im Fall der Fälle eben das Flimmern stoppen und da Herz könnte in einem gesunden Rhythmus weiter schlagen.

 

Stand 08/2022