Romy, 20 Jahre
Es war einmal ein kleines Mädchen namens Romy. Sie wohnte zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Gero und ihren Eltern in Essen. Auf dem ersten Blick war sie ein ganz normales junges Mädchen. Sie lachte viel, spielte mit Freunden,ging ins Kino und liebte Tiere. Sie unternahm viel mit der Familie und anderen Bekannten wie Fahrrad fahren, Eis essen, Spatziergänge, reisen das ganze Programm eben. Dennoch gab es da etwas was sie von den anderen Kindern und auch von ihrem Bruder unterschied. Sie hatte diese Narbe, die sich am Hals befand. An der Stelle, wo 1 Jahr zuvor noch das Tracheostoma war. Als es endlich mit 6 Jahren zum Wechsel von Tracheostoma auf Maskenbeatmung kam, feierte sie mit ihren Freunden und Bekannten eine “Kanülenwegwerfparty”. Romy freute sich damals wirklich sehr darüber. Übrigens eine Idee ihrer Mutter.
Jetzt fragt mann sich. Ok Narbe, Tracheostoma, Maskenbeatmung..aber wozu das Ganze. Denn eigentlich schien sie doch ganz normal zu sein. Also wofür brauchte sie das. Der Grund: das Undine-Syndrom. Eine seltene, angeborene Erkrankung des zentralen Nervensystems bei der die "normale" autonome Atmungskontrolle fehlt oder gestört ist. Diese Erkrankung bewirkte bei ihr nachts also während des Schlafes eine Verringerung der Atemantwort. Was dazu führte ,dass sie zwangsläufig beatmet werden muss, wozu auch ein Pflegepersonal in Anspruch genommen wurde.
Dennoch hatte sie eine wirklich tolle Kindheit. Ihre Familie tat für sie wirklich alles. Trotz schwerer Organisation machten sie das Skifahren in Italien, die Reisen nach Formentera, die Kreuzfahrt mit der “Costa Mediterranea” und vieles mehr möglich. Alles nicht selbstverständlich. Sie schafften es, dass ihre Tochter manchmal selbst sogar die Krankheit vergaß. So kam es zum Beispiel in Italien aus Versehen mit Tracheostoma zum Sprung in den Pool. Zum Glück ging alles gut. Aber nun weiter im Text.
Sie setzte sich also erst mit dem Erwachsenwerden mehr und mehr mit ihrer Beeinträchtigung auseinander. Denn als Kind so fand Romy war die Krankheit zwar ein Teil von ihr den sie aber eigentlich ignorierte. Sie lebte wie die anderen Kinder einfach in den Tag hinein ohne viele Sorgen. Klar es gab die ein oder anderen Auseinandersetzungen mit den Eltern und dem Bruder, die Gespräche mit Freundinnen über Jungs, den ersten Kuss und natürlich auch anderen große Momente. Aber dabei spielte die Krankheit trotz Tagwache auch in der Schule eigentlich keine Rolle. Auch für ihre Mitschüler war die Pflegeperson eher wie eine weitere Vertrauensperson-sie hielt sich im Hintergrund-war also eher nebensächlich.
Erst auf der weiterführenden Schule änderte sich das etwas. Romy wurde älter und es fanden zum Besipiel häufiger Übernachtungspartys statt, zu der sie dann nur bis zum späten Abend blieb. Der Unterschied machte sich halt doch bemerkbar. Manchmal wünschte sie, sie könnte ganz normal sein. Ohne die Narbe, ohne die Krankheit , ohne das ständige Pflegepersonal, welches nun nur noch bei Nacht kam. Zunehmend veränderte sich ihr Charakter. Sie wurde verschlossener und kapselte sich mehr und mehr ein. Ganz im Gegensatz zu ihrem Bruder, der auf Partys ging, erste Erfahrungen mit Alkohol sammelte, Tage durchmachte und auch seine ersten Freundinnen mit nach Hause einlud. Ja man konnte schon sagen, dass sie etwas neidisch auf sein Leben war. Sie wollte sowas schließlich auch einmal austesten. Das soll jetzt nicht heißen, dass sie richtig. richtig unglücklich war. Sie hatte ja trotzdem Freunde und Familie die hinter ihr standen. Auch mit den Nachtwachen verstand sie sich perfekt. Ich meine immer jemand abends zum Reden zu haben-das können immerhin nicht alle von sich behaupten. Dennoch fehlte ihr manchmal einfach das Gefühl von Zugehörigkeit. Sie wollte die Krankheit einfach nur noch loswerden. Aber das ging ja nicht. Doch auch mit Krankheit ging das Leben schließlich weiter-immer voran die tatkräftige Unterstützung der ganzen Familie: sie spielte Blockflöte, anschließend Querflöte, tanzte Ballett, ging zum Turnen, spielte Batminton, lernte wie schon oben gesagt das Skifahren , reiste nach Sylt, Italien, Formentera, fuhr auf Klassenfahrt nach Weimar und vieles mehr.
Und dann kam der Tag der Tage und darauf folgte eine riesen Diskussion. Denn ihre Eltern wollten endlich, dass sich Romy auch einmal selber mit ihrer Krankheit auseinandersetzte und naja entschieden über ihren Willen hinaus mit ihr zu dem Undinetreffen 2012 in den Harz zu fahren. Den Sturrkopf ihrer Mutter geerbt sprach sie kein Wort mit ihnen auf der Hinfahrt dorthin und war auch bei dem Treffen und den ersten Bekanntschaften mit den Jugentlichen wie mit Alisa, Jonas, Konrad, Lara und Julius schlecht gelaunt und daher auch sehr still. Auch auf der Rückfahrt gestand sie sich nicht ein, dass es im Nachhinein doch nicht so schlimm wie anfangs gedacht war. Im Sommer 2013 folgte dann eine ähnliche Situation. Romy wurde in die Schweiz zum Feriencamp geschickt und wieder mal hatte sie wirklich keine Lust darauf und verhielt sich ihren Eltern gegenüber-die ja eigentlich nur das Beste für sie wollten-wirklich unfair. Das Camp fand im Wallis statt und es war wunderschön. Sie kam an und wurde direkt von den anderen akzeptiert. Ohne sich sonderlich viel Mühe zu geben- es war wie ein Automatismus. Damit hatte sie wirklich nicht gerechnet- wurde fast schon etwas von der Situation überrumpelt. Da waren sogar Jungs , die sie gut fanden und wo es auch auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie durchlebte eine tolle Woche mit viel Action und schloss neue Freundschaften. Das Eis war gebrochen. Nun konnte sie die darauffolgenden Treffen kaum noch abwarten. Und ihr Leben machte eine kleine Wende. Es ging wieder bergauf....!
Durch die anschließenden Treffen mit den “Artgenossen” lernte sie mehr und mehr was es heißt man selbst zu sein. "Und vielleicht geht`s nicht ums Happy end, sondern heute Mal nur um die Geschichte. Vielleicht geht`s nicht darum, dass ich anders, sondern darum dass ich ich bin." Sie verinnerlichte diesen Gedichtsauszug von Julia Engelmann immer mehr, die auch schrieb dass sonderbar und eigenartig bloß Synonyme von besonders und von einizgartig sind. Sie fühlte sich so wohl wie nie zuvor in ihrer Haut und war ihren Eltern so dankbar dafür.
Der Vergleich mit den Kids aus dem Film “the breakfast Cub” lag für sie auf der Hand. In dem Film geht es um 5 Schüler, die nachsitzen müssen. Jeder von ihnen hat einen eigenen Ruf. Es gibt einen Schlaukopf, einen Muskelprotz, eine Ausgeflippte, eine Prinzessin und ein Freak. Zum Ende hin lernen sie jedoch, dass jeder einen Teil dieser Persöhnlichkeit in sich trägt und sie lernen sich gegenseitig und sich selbst zu akzeptieren und zu mögen. Auch in der Undinegruppe gibt es unterschiedliche Persöhnlichketen: Klassenclown, Schüchterne und Zurückhaltende, Chaoten, sportlich, musikalisch, medizinisch Interessierte, Offene und Selbstbewusste und und und. Doch all diese charakterlichen Unterschiede waren egal. Es gab kein cool oder uncool sprich keine Außenseiter und keine Hipsters. Es gab einfach die gesamte Gruppe, die tolle Erfahrungen zusammen sammelten und noch immer sammeln. Einfach pure Harmonie. Und ich bin wirklich stolz darauf sagen zu können, dass ich ein Teil von deser geworden bin. Mit jedem weiteren Treffen merke ich immer mehr wie wichtig ihr für mich geworden seid und ich will euch daher nie mehr missen. Jeder von euch ist etwas ganz Besonderes und ihr alle zusammen schafft es tatsächlich, dass ich mich selbst auch als was Besonderes ansehe. Und das ist wirklich das allerschönste Geschenk, was mir jemals gemacht wurde. Danke dafür.